Klimawandel in unserer Region

Aus unserer jüngsten Zeitung: Gewässerökologe Martin Mühlbauer über Klimawandel, Artensterben, Wasserhaushalt und Landwirtschaft

Wie stark ist der Klimawandel in unserer Region schon spürbar?

Tatsache ist, die Lufttemperaturen in unserer Region haben sich deutlich erhöht. Die lange Zeitreihe der Lufttemperaturmessstelle Pyhra zeigt einen Anstieg seit den 1950er Jahren um ca. 2,4°C (siehe Graphik).

Hitzetage, also Tage an denen 30°C und mehr erreicht werden, werden oft als Gradmesser für den Charakter eines Sommers als auch Klimaveränderungen herangezogen.

Das Klimamodell der ZAMG weist für den Standort Maria Anzbach für den Zeitraum 1971-2000 durchschnittlich 8 Hitzetage pro Jahr aus. Die Prognose desselben Modells weist für Maria Anzbach für die Periode 2021-2050 nahzu eine Verdopplung der Hitzetage auf 14 Tage über 30°C pro Jahr aus.

Es zeigt sich jedoch, dass die Erwärmung in Maria Anzbach bereits deutlich weiter fortgeschritten ist als das Klimamodell es vorhersagt. Seit 2003 gibt es auch in Maria Anzbach eine Lufttemperaturmessstelle mit laufendender Aufzeichnung. Die Auswertung der Temperaturdaten für Maria Anzbach zeigt, dass im Zeitraum 2003-2019 im Durchschnitt bereits 19 Hitzetage pro Jahr gemessen wurden (Datenquelle Land NÖ). Die Zunahme der Hitze in unserer Region ist also nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich messbar.

Beispiele der zu erwartenden Veränderungen für Pflanze, Tier und Mensch

Das durch die Klimaveränderungen zu befürchtende Artensterben hat in unserer Region bereits begonnen. Ein Beispiel aus meiner beruflichen Praxis: Die Kaltwasser-Fischart Äsche (siehe Foto) ist in den Flüssen Laabenbach, Gr. Tulln und Perschling bereits vor Jahren ausgestorben, an der Melk ist sie davon unmittelbar bedroht.

Neben der Flussverbauung ist die Erwärmung der Gewässer und die geringe Wasserführung im Sommer der Hauptgrund für das Verschwinden dieser Art. Flussrenaturierungen der letzten Jahre kommen für den Erhalt mancher Arten bereits zu spät. Die Fischart Äsche ist dabei stellvertretend für eine Reihe von Tier- und Pflanzenarten die von diesen Veränderungen betroffen sind.

Veränderungen des Wasserhaushalts – Stress für Pflanzen und Gewässer: Durch die höheren Lufttemperaturen steigt die Verdunstung insbesondere im Sommerhalbjahr deutlich an. Von den Oberflächen verdunstet mehr Wasser (Evaporation). Ebenso brauchen die Pflanzen bei den höheren Temperaturen deutlich mehr Wasser (Transpiration). Dadurch gelangt immer weniger Wasser ins Grundwasser und in die Gewässer. Hinzukommt, dass durch die Veränderungen im globalen Windsystem länger stabile Hochdrucklagen zu einer unregelmäßigeren Verteilung des Niederschlags übers Jahr und somit zu längeren Trockenperioden führen.  An kleineren Bachläufen, die vor Jahrzehnten noch dauerhaft wasserführend waren und in den letzten Sommern häufig trockenfallen, kann man das gut erkennen. Eine Bedrohung, die bei weiter steigenden Temperaturen, auch auf größere Gewässer zukommt.

 Wie mit der knapper werdenden Ressource Wasser in der Landwirtschaft umgehen?

Wasser, knappes Gut: Das in der Natur fehlende Wasser geht auch in der Landwirtschaft ab. Die Schäden durch Trockenheit sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Der Bedarf nach Bewässerung und damit der Druck auf Grundwasser und Gewässer wird immer größer.

Der Einsatz von Bewässerung in der Landwirtschaft sollte aus ökologischen Gründen wohl durchdacht sein. Wird Bewässerung etwa für die Produktion von Futtermitteln wie z.B. Mais verwendet, steigt der ohnehin schon hohe ökologische Fußabdruck der damit erzeugten tierischen Lebensmittel durch Flächenverbrauch, Treibhausgasemissionen, Düngemitteleinsatz ggf. Pestizide etc. um den Aspekt Wasserverbrauch noch weiter an. Wollen wir das vermeiden, scheint es unausweichlich das landwirtschaftliche Fördersystem umzubauen. Dabei scheinen drei ökosoziale Ziele wesentlich:

  1. Die Agrarförderung der Produktion von Lebensmitteln muss ökosozialer werden. Wichtige Gradmesser sind dabei Bedeutung für die Versorgung mit essentiellen Grundnahrungsmitteln, Flächenverbrauch, Bodenschutz(-erosion), Wasserverbrauch, Treibhausgasemissionen, Biodiversität, Wasser- und Gewässerschutz. Die Konsequenz wäre, dass beispielsweise Futtermaisanbau auf erosionsgefährdeten Hängen in Gewässernähe keine Fördermittel mehr erhält. Die ressourcenschonende, ökologische Produktion von Grundnahrungsmittel (z.B. Getreide, Leguminosen, Gemüse, Obst) wäre hingegen wesentlich höher zu fördern.
  2. Bauern und Bäuerinnen muss durch ein verlässliches Konzept der Förderumstellung mit Übergangzeiträumen eine hohe Planungssicherheit bei der Umstellung der Bewirtschaftung der Betriebe geboten werden.
  3. Sozialer und gesunder Warenkorb: Die Veränderung des Agrarfördersystems bewirkt auch eine Veränderung der Preise im Warenkorb der Konsumenten. Ziel der Förderumstellung muss es sein, dass essentielle, gesunde, ökologisch produzierte Lebensmittel auch für kleine Einkommen erschwinglich werden. Milch- und insbesondere Fleischprodukte werden deren ökologischen Fußabdruck und Ressourcenverbrauch entsprechend teurer. Die Wertschätzung gegenüber diesen Produkten muss daher auch im Preis wieder seinen Niederschlag finden.

 

 

Auf mittlerweile 300.000 ha wird in Österreich Mais angebaut. Der Großteil wird als Futtermittel und in der Industrie (z.B. als Energiepflanze) genutzt. Nur ein geringer Teil wird direkt für die Lebensmittelindustrie verwendet

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