„Ja, wenn sich alles dreht, wenn sich alles dreht“- dieser Liedtext Jacques Brels, von Michael Heltau interpretiert, fällt mir ein, wann immer ich an das Karussell in Maria Anzbach denke oder es besuche.
Gegründet wurde der Trägerverein „Soziales Miteinander im Wienerwald“ im Jahr 2016. Angetrieben wird es von der Obfrau Judith Aschenbrenner mit den circa 20 Mitarbeitern und vor allem Mitarbeiterinnen, die allesamt ehrenamtlich tätig sind. Dass an den Verkaufstagen mittwochs von 16h – 18.30h und samstags von 10h – 12.30h alles geordnet und übersichtlich bereitsteht, wird von den sogenannten „Räumteams“ vorbildlich in den jeweiligen Abteilungen aufbereitet.
Den Start des Karussells haben die Grünen in Eichgraben, Neulengbach und Maria Anzbach durch monetäre Zuwendung erst möglich gemacht. Einen Container, der als Möbellager fungiert, hat die Gemeinde Altlengbach beigesteuert. Besonders erwähnenswert ist die Familie von Gerda Pichler, die für die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten eine wirklich kulante Miete verrechnet. So kann nach Abzug der Betriebskosten dem eigentlichen Zweck gedient werden: Zu helfen, wo der Schuh drückt. Ausbildungskosten, Fortbildungskosten, Fahrtkosten, Ausstattung für Bedürftige über Sachspenden, Schulanfangszuwendungen, Beiträge zu Schullandwochen, Mietkosten, Heizkosten und vieles mehr. Wie zum Beispiel die Organisation und Übernahme der Transportkosten von 12 Tonnen Ware inklusive einer Sachspende von je einer Tonne Salz, Zucker und Waschpulver nach der Explosionskatastrophe im August 2020 in Beirut.
All das ist natürlich auch den vielen Menschen zu danken, die dem Karussell regelmäßig einen Besuch abstatten und Unterschiedlichstes vorbeibringen. Manches Mal in so großen Mengen, dass sogar ein Übergabetermin außerhalb der Öffnungszeiten notwendig ist. So ist das Karussell auch ein Ort der Begegnung, der Befreiung des Überschusses, des Tausches, des sich Austauschens, des Stöberns, des Schnäppchen-Jagens und vieles mehr. Auf alle Fälle auch ein Platz des Gemeinwohls, der gegenseitigen Wertschätzung und Achtung. Das schafft Identität mit dem uns umgebenden Lebensraum und einer funktionierenden Zivilgesellschaft.
Ein nicht unwesentlicher Aspekt dieser Initiative ist auch die damit einhergehende Ressourcenschonung, die vielen in diesem Ausmaß gar nicht bewusst ist. Einige Beispiele aus der Textilabteilung sollen das verdeutlichen.
Die CO2 Emissionen eines T-Shirts liegen circa bei 11 Kg. Das ist in etwa das 50-fache des Eigengewichts. Dazu kommen noch mehrere Kilogramm Chemikalien.
Um sich das besser vorstellen zu können, ist der Wasserverbrauch ein guter Parameter. Alle Produktionsschritte berücksichtigend, verbraucht eine Jeanshose, bis sie verkaufsfertig ist, in etwa 7000 Liter. Bei einem T-Shirt sprechen wir von bis zu 4100 Liter. Eine Badewannenfüllung beträgt im Schnitt 150 Liter Wasser.
Meiner Ansicht nach hat es sich so ein Kleidungsstück auch verdient, lange getragen zu werden und sich auf mehreren Besitzer:innen zum Ausdruck bringen zu dürfen.
Diese Ressourcenschonung und der Nachhaltigkeitsgedanke sind für den Großteil der Besucher und Besucherinnen ein wesentliches Motiv, regelmäßig das Karussell zu beehren.
So wie jeder und jede willkommen ist, so viel zu kaufen wie er oder sie möchte, so sind ohne Altersgrenze auch jene willkommen, die sich vorstellen können mitzuhelfen, damit sich das „Kurradsch“, das aus dem Arabischen kommend seit dem Mittelalter zum Karussell wurde, weiterdreht.
Heimo Lammer