Klimaschutz, ja unbedingt, sofort!

Aus unserer aktuellen Zeitung ein Beitrag von Lothar Rehse:


In der letzten Ausgabe der grünen Gemeindezeitung vom März 2019 (nachzulesen in unserem Blog) haben wir schon deutlich gemacht: es braucht dringend Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe und es braucht genauso dringend Maßnahmen im Umgang mit den Folgen der Erwärmung und der zunehmenden Trockenheit – unsere Kinder haben ein Recht darauf!

Gerade im Moment erleben wir, dass sich alle Parteien im Wahlkampf als die Klimaschützer schlechthin inszenieren. Es ist dabei sehr spannend, sich genauer anzuschauen, was dann konkret gemeint wird. Zur Erinnerung: Österreich ist EU-weit eins von zwei Ländern, die bisher gegenüber 1990 eine deutliche Steigerung des CO2-Ausstosses zu verzeichnen haben. Wir haben bisher keinerlei Reduktion geschafft, nicht in Österreich, nicht in Niederösterreich und auch nicht in Maria Anzbach! Aktuell wird sehr klar, dass alle 3 Regierungsparteien dieser 30 Jahre nach wie vor nur darum bemüht sind, die eigene Klientel zu bedienen – das Klima spielt dabei keine Rolle! Und dies betrifft ÖVP, SPÖ und FPÖ in gleicher Weise!

Alle drei lassen sich ihre Argumente von den Industrie-Lobbyisten diktieren: unverblümt stellt sich der Alt-Kanzler hin und verspricht 500.000 Mio. € „Forschungsgeld“ statt CO2-Steuer, damit Österreich 2030 in der Wasserstofftechnologie die führende Nation ist – ein Schelm, wer dabei daran denkt, dass allein die VOEST für 10% des österreichischen CO2-Ausstosses verantwortlich ist und dass Forschung für die Wasserstofftechnologie ausschließlich VOEST, ÖMV und Verbund zugute kommt. Nicht zufällig zielt diese Argumentation in dieselbe Richtung wie die Ablehnung der CO2-Steuer durch die SPÖ (weil angeblich dann die PendlerInnen zahlen müssen) oder die vollständige Negierung der menschengemachten Klimakatastrophe durch die FPÖ (stattdessen 140km/h auf Autobahnen …). Übrigens: die Industrie ist gemeinsam mit den Energieerzeugern für 50% der CO2-Emissionen in Österreich verantwortlich, der Verkehr insgesamt für 30% (Individualverkehr sogar noch weniger), Landwirtschaft und Gebäude für jew. 10%. Der Verkehr steht deshalb in der Auslage, weil er durch die extremen Steigerungen der letzten Jahre alle anderen zarten Ansätze zur CO2-Reduktion überrollt hat!

Und derzeit kann man sehr schön beobachten, wie Industrie und Wirtschaftskammer versuchen bzw. versucht haben, die Argumente der Fridays-for-Future-Bewegung zu vereinnahmen:

Phase 1: Alle SprecherInnen und FunktionärInnen betonen den gewünschten Dialog, beziehen auch Ansätze kritischer Argumente in die eigene Argumentation ein. Gleichzeitig werden aber von allen Ängste geschürt, dass die Kosten für die Industrie, die PendlerInnen, die AutofahrerInnen … explodieren werden!

Phase 2: Stück für Stück werden Studien und Prominente in Stellung gebracht, gegen CO2-Abgaben, gegen schnelle Energiewende, für Augenmaß zum Schutz der Industrie, gegen die 10 Mythen der Klimajünger …

Für die nächsten Schritte ist ihnen die Ibiza-Affäre dazwischen gekommen, aber sie sind sehr bemüht, den Wahlkampf möglichst effizient zu nutzen. Sie stellen Forderungen, die keine Wirkung haben. Sie versuchen, zunehmend aggressiver die Fridays-for-Future oder deren UnterstützerInnen anzupatzen. Wir erleben jetzt Argumentationslinien, die die (Regierungs-) Politik und die Industrie aus der Verantwortung nehmen und für die Zukunft eher Worthülsen stiften: sie fordern die individuelle Verantwortung der KonsumentInnen ein, sie fordern neue Technologien ein, sog. Innovationen und sie fordern natürlich die „anderen“ …

Ich würde das eher Nebelkerzen nennen! In Wirklichkeit machen alle KandidatInnen der vermeintlichen Groß- oder Mittelparteien nur deutlich: Sie haben keine Idee, wie sie zu einer Lösung der Klimakatastrophe beitragen können. Aber sie geben alles, um an der Macht zu bleiben! Es braucht tatsächlich aktive Klimapolitik, es braucht nicht nur Lippenbekenntnisse, es braucht einen konkreten Fahrplan zum Ausstieg aus der fossilen Energie-, Industrie- und Verkehrspolitik – nicht auf Kosten der normalen Menschen sondern gemeinsam mit ihnen!

Mit Greta Thunberg kann man sagen: „Wir können keinen Ausweg aus der Krise finden, wenn wir sie nicht wie eine Krise behandeln! Wir müssen die fossilen Brennstoffe im Boden lassen! Und wir müssen uns auf Gerechtigkeit konzentrieren!“

Lothar Rehse

Klimawandel in unserer Region

Aus unserer jüngsten Zeitung: Gewässerökologe Martin Mühlbauer über Klimawandel, Artensterben, Wasserhaushalt und Landwirtschaft

Wie stark ist der Klimawandel in unserer Region schon spürbar?

Tatsache ist, die Lufttemperaturen in unserer Region haben sich deutlich erhöht. Die lange Zeitreihe der Lufttemperaturmessstelle Pyhra zeigt einen Anstieg seit den 1950er Jahren um ca. 2,4°C (siehe Graphik).

Hitzetage, also Tage an denen 30°C und mehr erreicht werden, werden oft als Gradmesser für den Charakter eines Sommers als auch Klimaveränderungen herangezogen.

Das Klimamodell der ZAMG weist für den Standort Maria Anzbach für den Zeitraum 1971-2000 durchschnittlich 8 Hitzetage pro Jahr aus. Die Prognose desselben Modells weist für Maria Anzbach für die Periode 2021-2050 nahzu eine Verdopplung der Hitzetage auf 14 Tage über 30°C pro Jahr aus.

Es zeigt sich jedoch, dass die Erwärmung in Maria Anzbach bereits deutlich weiter fortgeschritten ist als das Klimamodell es vorhersagt. Seit 2003 gibt es auch in Maria Anzbach eine Lufttemperaturmessstelle mit laufendender Aufzeichnung. Die Auswertung der Temperaturdaten für Maria Anzbach zeigt, dass im Zeitraum 2003-2019 im Durchschnitt bereits 19 Hitzetage pro Jahr gemessen wurden (Datenquelle Land NÖ). Die Zunahme der Hitze in unserer Region ist also nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich messbar.

Beispiele der zu erwartenden Veränderungen für Pflanze, Tier und Mensch

Das durch die Klimaveränderungen zu befürchtende Artensterben hat in unserer Region bereits begonnen. Ein Beispiel aus meiner beruflichen Praxis: Die Kaltwasser-Fischart Äsche (siehe Foto) ist in den Flüssen Laabenbach, Gr. Tulln und Perschling bereits vor Jahren ausgestorben, an der Melk ist sie davon unmittelbar bedroht.

Neben der Flussverbauung ist die Erwärmung der Gewässer und die geringe Wasserführung im Sommer der Hauptgrund für das Verschwinden dieser Art. Flussrenaturierungen der letzten Jahre kommen für den Erhalt mancher Arten bereits zu spät. Die Fischart Äsche ist dabei stellvertretend für eine Reihe von Tier- und Pflanzenarten die von diesen Veränderungen betroffen sind.

Veränderungen des Wasserhaushalts – Stress für Pflanzen und Gewässer: Durch die höheren Lufttemperaturen steigt die Verdunstung insbesondere im Sommerhalbjahr deutlich an. Von den Oberflächen verdunstet mehr Wasser (Evaporation). Ebenso brauchen die Pflanzen bei den höheren Temperaturen deutlich mehr Wasser (Transpiration). Dadurch gelangt immer weniger Wasser ins Grundwasser und in die Gewässer. Hinzukommt, dass durch die Veränderungen im globalen Windsystem länger stabile Hochdrucklagen zu einer unregelmäßigeren Verteilung des Niederschlags übers Jahr und somit zu längeren Trockenperioden führen.  An kleineren Bachläufen, die vor Jahrzehnten noch dauerhaft wasserführend waren und in den letzten Sommern häufig trockenfallen, kann man das gut erkennen. Eine Bedrohung, die bei weiter steigenden Temperaturen, auch auf größere Gewässer zukommt.

 Wie mit der knapper werdenden Ressource Wasser in der Landwirtschaft umgehen?

Wasser, knappes Gut: Das in der Natur fehlende Wasser geht auch in der Landwirtschaft ab. Die Schäden durch Trockenheit sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Der Bedarf nach Bewässerung und damit der Druck auf Grundwasser und Gewässer wird immer größer.

Der Einsatz von Bewässerung in der Landwirtschaft sollte aus ökologischen Gründen wohl durchdacht sein. Wird Bewässerung etwa für die Produktion von Futtermitteln wie z.B. Mais verwendet, steigt der ohnehin schon hohe ökologische Fußabdruck der damit erzeugten tierischen Lebensmittel durch Flächenverbrauch, Treibhausgasemissionen, Düngemitteleinsatz ggf. Pestizide etc. um den Aspekt Wasserverbrauch noch weiter an. Wollen wir das vermeiden, scheint es unausweichlich das landwirtschaftliche Fördersystem umzubauen. Dabei scheinen drei ökosoziale Ziele wesentlich:

  1. Die Agrarförderung der Produktion von Lebensmitteln muss ökosozialer werden. Wichtige Gradmesser sind dabei Bedeutung für die Versorgung mit essentiellen Grundnahrungsmitteln, Flächenverbrauch, Bodenschutz(-erosion), Wasserverbrauch, Treibhausgasemissionen, Biodiversität, Wasser- und Gewässerschutz. Die Konsequenz wäre, dass beispielsweise Futtermaisanbau auf erosionsgefährdeten Hängen in Gewässernähe keine Fördermittel mehr erhält. Die ressourcenschonende, ökologische Produktion von Grundnahrungsmittel (z.B. Getreide, Leguminosen, Gemüse, Obst) wäre hingegen wesentlich höher zu fördern.
  2. Bauern und Bäuerinnen muss durch ein verlässliches Konzept der Förderumstellung mit Übergangzeiträumen eine hohe Planungssicherheit bei der Umstellung der Bewirtschaftung der Betriebe geboten werden.
  3. Sozialer und gesunder Warenkorb: Die Veränderung des Agrarfördersystems bewirkt auch eine Veränderung der Preise im Warenkorb der Konsumenten. Ziel der Förderumstellung muss es sein, dass essentielle, gesunde, ökologisch produzierte Lebensmittel auch für kleine Einkommen erschwinglich werden. Milch- und insbesondere Fleischprodukte werden deren ökologischen Fußabdruck und Ressourcenverbrauch entsprechend teurer. Die Wertschätzung gegenüber diesen Produkten muss daher auch im Preis wieder seinen Niederschlag finden.

 

 

Auf mittlerweile 300.000 ha wird in Österreich Mais angebaut. Der Großteil wird als Futtermittel und in der Industrie (z.B. als Energiepflanze) genutzt. Nur ein geringer Teil wird direkt für die Lebensmittelindustrie verwendet